Ecpat Veranstaltung zu Digitalisierung

epact Leider wird die eher im verborgenen stattfindende Bedrohung der sexuellen Belästigung im Internet wenig beachtet. Solche Beobachtungen sind aber typisch und bekannt: Die Stigmatisierung bei Trisomie 21 findet viel mehr „öffentliches“ Interesse als das häufigere Alkohol-Embryopathie-Syndrom. Schon in der Einführung wurde darauf verwiesen: der Wandel, gemeint sind hier die Potentiale der Digitalisierung, ist primär gut, aber die Gefahren werden anfangs kaum diskutiert, oft hinken Reglementierungen weit hinterher. Staatliche Rahmenbedingungen, polizeiliche Möglichkeiten, Beratungsstellen müssen international gedacht werden, weil sich das Internet nicht um Staatsgrenzen kümmert.

Zur Dimension sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen im digitalen Raum berichteten Lea Peters und Nina Stephainsky von ecpat. Fast jede sexuelle Gewalt steht aktuell mit Aktivitäten im Netz im Zusammenhang; Bilder Adressen usw. Frau Peters berichtet von einer Petition betreff Reglementierung im Netz, bei der sich vieler Player zum sexuellen Schutz von Kindern einsetzten, konnte noch nicht über das Ergebnis berichten.

Dr. Christian Bergmann und Denise Schönebeck von der BzGA benannten die Kriterien zur Überprüfung der Angemessenheit und Wirksamkeit bieterseitiger Vorsorgemaßnahmen nach §24 Jugendschutzgesetz. Die Prüfkriterien seien immer wieder zu hinterfragen. Sie berichteten über Konfrontationsrisiken, Interaktionsrisiken und Nutzungsrisiken, die Auseinandersetzung mit diesen und deren Regulierung seien Vorsorgemaßnahmen. Die BzKJ wolle die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen fördern, eine wichtige Voraussetzung sei persönliche Integrität. Zu gewährleisten sei dies durch Mitwirkung der Eltern und durch Voreinstellungen. Weiteres nachzulesen unter „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien – Aufgaben und Arbeitsweise“ . Frau Schönbeck erklärte dann die Aufgaben der Zukunftswerkstatt. Die Zukunftswerkstatt bietet Online- und Präsenzseminare an, durch die Diskussion mit Experten und den Anbietern kann sich die BzKJ auf neue Angebotsstrukturen einstellen und so die Kontrollkriterien weiterentwickeln. Dies war eines der Motive der Gründung der BzKJ.

Es ist ein schwieriges Unterfangen, will man die Arbeitsweise der BZKJ verstehen. Selten kann oder muss die BzKJ konkrete Handlungsanweisungen, z.B. Unterlassungen, an die Anbieter aussprechen. In der Mehrzahl der Fälle werden den Anbietern Vorschläge zur Verbesserung des Anwenderschutzes vorgeschlagen und es wird versucht die Anbieter von der Sinnhaftigkeit zu überzeugen. Harte Anordnungen würden andernfalls allzu leicht juristische Auseinandersetzungen nach sich ziehen, die sich dann über Jahre hinzögen und bis zum Urteil nichts änderten. Das auf Einsicht und Kompromissfähigkeit der Anbieter ausgelegte verhalten ist aus Sicht der BzKJ der erfolgversprechendere Weg. Wenn aber die Suche nach einvernehmlichen Lösungen nicht gelänge, oder gar die Nichtbeachtung geltender Verordnungen feststellbar seien, habe die BzKJ die Möglichkeit drastischer Strafen, z. B bis zu 50.000.000€.

Die Veränderungen der Risiken und Möglichkeiten zur Bekämpfung sexueller Gewalt online sind laut Prof. Dr. Martin Steinebach (Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie, Darmstatt) bekannt aber die Kontrollen sind doch eher dürftig. Wie KI zur Erstellung von Bildern über sexuellen Kindesmissbrauch missbraucht wird ist kaum in Worten zu beschreiben. IWF Unter https://www.iwf.org.uk ist eine Studie mit Beispielen (Deepfake, Deepnudes, synthetische Bilder etc.) publiziert. Es ist ein Problem der Sicherheit von Mediendaten. Moosbrucker in der Diskussion: (Journalist NDR) ist skeptisch, ob ChatGPD wirklich derartig zum Missbrauch beitragen kann, da es extrem viel Speicherplatz brauche, um in der Form Bilder, später sogar Videos zum sexuellen Missbrauch. Wichtig für ihn jedoch sei, das System sei in der Praxis angekommen. Der aktuelle Stand der Möglichkeiten könnten beschrieben werden, gäben aber kaum Gelegenheit zum Schutz oder zur Prävention. Die Pathologie der User bliebe weitestgehend ungeklärt.

Aktueller Rat: Keine Bilder ins Netz, niemals.

Zum Abschluss wurde unter Leitung von Jutta Croll (Vorstandsvorsitzende, Projektleitung Kinderschutz und Kinderrechte in der digitalen Welt) bei einer Podiumsdiskussion mit Julia von Weiler (Innocence of danger), Prof. Dr. Alexander F. Schmidt (Abteilung für Sozial und Rechtspsychologie der Johann-Gutenberg-Universität Mainz) und Daniel Mossbrucker zu klären versucht wie Kinderschutz im digitalen Raum gewährleistet werden könne. Herausforderung und Lösungsansätze wurden diskutiert .
Die Digitalisierung wirke wie ein Brandbeschleuniger auf sexuelle Gewalt. Konsequenz: Internet aus (J. v. Weiler)! Wir müssen das Darknet auf ein Minimum reduzieren. Wir sind noch lange nicht so weit. Wenn wir das Darknet verbieten, gibt es keine Möglichkeit, es zu regulieren. Es muss noch definiert und auch unterschieden werden, ob es Straftat wie Missbrauch wegen Pädophilie oder Hebephilie oder bloße Neigung ist. Mindeststandart müssten krass und eindeutig formuliert werden. Der größte Teil der Kindersexualität würde von Nicht- Pädophilen begangen. Auf diese Themen würde auch in dem Buch von Daniel Mossbrucker eingegangen, für dieses Buch gelte für Professionen, die sich mit der Thematik auseinandersetzen: „must read“ (J-.v. Weiler)!. Jeder Missbrauch erzeugt lebenslängliche Traumatisierung. Im Netz reicht schon die unendliche und damit unkontrollierbare Verbreitung. Das Problem sei nicht neu, KI schaffe nur ein Mehr. Sozial Media schaffe eine deutlich höhere Präsenz, Beschleunigungseffekte des Missbrauchs sind offensichtlich, alles wird durch KI noch schlimmer. Es fehle eine Aufstellung von

Kriterien zum Kinderschutz für die Provider und für Kontrollfunktion für die Öffentlichkeit. Regulationen müssen umsetzbar sein und eben auch strafbewehrt. Nussknacker spricht von Unverständnis, dass wir keine verifizierbare Altersüberprüfung im Netz haben, Politik tatenlos sei.

Meine Konsequenzen aus der Veranstaltung: Mit der Digitalisierung haben immer mehr Berufsgruppen und Personen Daseinsberechtigung, Karrieregrundlage und vielleicht Verdienst. Die Betroffenen, deren Familien, sind den Anbietern aber auch der Forschung und der Therapie ausgeliefert, weil unterlegen. Gegenüber Dritten scheinen wir Pädiater die Machenschaften zu tolerieren. Wir nutzen zu wenig unser Ansehen und fordern nicht laut genug staatliche Konzepte oder Publikationen. Public Health wird eben in unserem Land nicht wirklich gelebt.

Uwe Büsching